Unterstützung vom Staat

Tipps, Tricks und Mutmachendes für den Fall der Fälle

Multiple Sklerose verläuft bei jedem Menschen ein wenig anders. Dank der vielfältigen Therapieoptionen ist sie heute gut behandelbar. Auch über die Therapie hinaus gibt es unterstützende Angebote, die dein Leben mit MS vereinfachen können. Lass dich auf deinem Weg diese Möglichkeiten zu entdecken, unterstützen. Wir bringen außerdem etwas Licht in den oft bürokratischen Dschungel der damit einhergeht. Im Folgenden erfährst du, wohin du dich im Fall der Fälle wenden kannst, aber auch, was für dich grundsätzlich Sinn machen könnte – siehe finanzielle Vorsorge.

Bitte denk an geeigneter Stelle darüber nach, die finanzielle Unterstützung vom Staat, von Menschen in deinem Umfeld, von Krankenversicherungen, Rentenkassen und Institutionen anzunehmen, wenn du sie brauchst. Sie können dir deine Krankheit zwar nicht abnehmen, aber dein Leben vielleicht ein wenig leichter machen.

Nutze Zuzahlungsbefreiungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel bei MS

Regelungen für Arzneimittel

Jede:r gesetzlich Krankenversicherte muss sich standardmäßig an den Ausgaben für die eigene Gesundheit in Form von Zuzahlungen beteiligen. Das bedeutet, dass Patient:innen für jede Packung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels 10 Prozent des Verkaufspreises selbst bezahlen müssen. Diese 10 % dürfen in der Regel 5 € nicht unter- und 10 € nicht überschreiten – egal, wie teuer das Medikament tatsächlich ist.

Beispielrechnungen
Arzneimittelwert: 110,00 €
10 % des Verkaufspreises:   11,00 €
Maximum der eigenen Zuzahlung in Höhe von   10,00 €

 

Arzneimittelwert:   40,00 €
10 % des Verkaufspreises:     4,00 €
Maximum der eigenen Zuzahlung in Höhe von      5,00 €

Damit die Zuzahlungen einen bestimmten Maximalbetrag nicht überschreiten, gibt es standardmäßig die sogenannte Belastungsobergrenze. Mehr Informationen dazu findest du hier.

Belastungsobergrenze für Kranke und chronisch Kranke zum Beispiel mit MS

Gut zu wissen, dass Kinder und Jugendliche in der Regel zuzahlungsbefreit sind. Damit alle Menschen über 18 Jahre nicht unbegrenzt zuzahlen müssen, wurde eine jährliche Obergrenze vereinbart. Diese beträgt 2 % der Bruttoeinkünfte aller zum Lebensunterhalt beitragenden und im Haushalt lebenden Personen pro Kalenderjahr. Bei chronisch Kranken z. B. mit MS liegt die Grenze bei 1 %. Grundlage für die Berechnung ist die Summe der gesetzlichen Zuzahlungen für Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung.

So kannst du dich von der Zuzahlung von Arzneimitteln befreien lassen

Wenn schon am Anfang des Jahres klar ist, dass das erwartete Einkommen die Zuzahlungen nicht abdecken wird, kann bei der Krankenversicherung eine Befreiung von der Zuzahlung beantragt werden. Deshalb ist es wichtig, dass du stets einen Überblick über deine Einnahmen und Ausgaben hast.

Damit die 1 %-Regel für chronisch Kranke in Kraft tritt, muss ein Arzt oder eine Ärztin die Art der chronischen Erkrankung bescheinigen und dem oder der Betroffenen ein therapiegerechtes Verhalten bestätigen.

Vielleicht fragst du dich, was therapiegerechtes Verhalten bedeutet: Die Krankenkassen sind verpflichtet, dich zu Beginn des Kalenderjahres auf alle wichtigen Untersuchungen hinzuweisen. Diese musst du in der Regel absolvieren und anschließend vorweisen können. Auch kann die Krankenkasse die aktive Teilnahme an einem Disease-Management-Programm (DMP) einfordern. Das sind strukturierte Behandlungsprogramme für chronisch kranke Menschen. Besprich am besten direkt mit deiner Krankenkasse, was in deinem Fall zu tun ist.

Hier kannst du für dich selbst berechnen, ob du deine Belastungsobergrenze bei einer gesetzlichen Krankenversicherung erreicht hast.

Zuzahlungsbefreiung bei MS-Hilfsmitteln

Als Hilfsmittel werden alle Gegenstände bezeichnet, die im Einzelfall benötigt werden, um eine Krankenbehandlung sicherzustellen oder eine zu erwartende oder vorhandene Behinderung auszugleichen. Hilfsmittel sind entweder zum Verbrauch gedacht (z. B. Inkontinenzhilfen, Batterien, Sonden, Kanülen) oder zur dauerhaften Nutzung (z. B. Prothesen, Kompressionsstrümpfe ). Auch hier gilt standardmäßig: 10 % zahlt der oder die Versicherte pro Packung oder Hilfsmittel in der Regel dazu, mind. 5 € oder maximal 10 € für den gesamten Monatsbedarf an solchen Hilfsmitteln. Die maximale jährliche Eigenbeteilung legt die Belastungsobergrenze fest. Behalte deshalb stets deine Einnahmen und Ausgaben im Blick.

Übrigens: Alle Hilfsmittel sind übersichtlich im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt.

Weitere Informationen dazu findest du außerdem hier.

Beispielrechnungen
Wert eines Hilfsmittels: 150,00 €
10 % des Verkaufspreises: 15,00 €
Maximum der eigenen Zuzahlung in Höhe von  10,00 €

 

Wert eines Hilfsmittels: 45,00 €
10 % des Verkaufspreises   4,50 €
Minimum der eigenen Zuzahlung in Höhe von    5,00 €

Beteiligungen an MS-Pflegehilfsmitteln

Pflegehilfsmittel erhalten ausschließlich Menschen mit Pflegestufe. Sie sind dazu gedacht, Betroffenen ein eigenständiges Leben zu ermöglichen oder aber Pflegekräften die Arbeit zu erleichtern. Auch hier wird in der Regel unterschieden in dauerhafte Pflegehilfsmittel  (wie z. B. Rollstuhl, Patientenlifter, Pflegebett) und solche, die verbraucht werden (z. B. Hygieneprodukte). Auch hier übernimmst du ebenfalls standardmäßig einen Eigenanteil von 10 %, der aber 25 € nicht übersteigen darf. Die maximale jährliche Eigenbeteilung legt die Belastungsobergrenze fest. Die teureren Pflegehilfsmittel werden allerdings oft als Leihgabe zur Verfügung gestellt – Vorteil für dich: eine Zuzahlung entfällt. Grundsätzlich werden die Kosten von Pflegehilfsmitteln immer mit der Pflegekasse abgerechnet, bei ärztlicher Verordnung dagegen mit der Krankenkasse. Im Zweifel klären die Kassen die Abrechnung unter sich.

Zugegeben, es ist sehr kompliziert, hier den Überblick zu behalten. Aufschluss gibt dir eventuell das Verwaltungsportal des Bundes.

Beispielrechnungen
Wert eines Pflegehilfmittels: 3000,00 €
10 % des Verkaufspreises:   300,00 €
Maximum der eigenen Zuzahlung in Höhe von     25,00 €

 

Wert eines Pflegehilfmittels:   90,00 €
10 % des Verkaufspreises:     9,00 €
Maximum der eigenen Zuzahlung in Höhe von    10,00 €

Ein Schwerbehinderten-
ausweis (SBA) macht bei MS wieder mehr möglich

Im „Schwerbehindertenausweis“ kommt das Wort „behindert“ vor. Was bedeutet das eigentlich? Unser Sozialgesetzbuch drückt es leider etwas umständlich aus:
Nach dem Neunten Sozialgesetzbuch (SGB IX, §2, Abs. 1 sind Menschen behindert,

„…wenn ihre körperliche Funktion…mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.“. “Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung (GdB) nach Zehnergraden abgestuft festgestellt“ (SGB IX, §69, Abs. 1). „Bei der Begutachtung wird die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) zugrunde gelegt. Als schwerbehindert gelten Menschen, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt“ (SGB IX, §69, Abs. 2).

Zusammengefasst bedeutet das ungefähr: Wenn du nicht all das machen kannst, was die meisten in deinem Alter machen können und das länger als 6 Monate, giltst du im Regelfall als behindert. Der Grad der Behinderung wird in 10er Schritten festgelegt. Die Höhe richtet sich nach deinen Einschränkungen, welche mithilfe deiner eingereichten Unterlagen bewertet werden. Ab 50 % handelt es sich um eine sogenannte Schwerbehinderung. Es lohnt sich also, nach einem Schub bzw. einer progressiven Phase den Behinderungsgrad neu feststellen zu lassen, denn ab 30 % kannst du mit ersten Erleichterungen rechnen.

Diese Erleichterungen nennen sich Nachteilsausgleiche. Das sind besondere Hilfen und finanzielle Leistungen, die standardmäßig sämtliche Bereiche deines Lebens betreffen, wie zum Beispiel: Erleichterungen bei der Lohn- und Einkommensteuer, Zusatzurlaub (zumeist 5 Tage), ein Anrecht auf Versetzung oder Umschulung oder eine besondere (technische) Ausstattung am Arbeitsplatz, längere Bafög-Zahlungen im Studium, Vergünstigungen in öffentlichen Verkehrsmitteln oder den Erhalt des Euro-WC-Schlüssels mit Zugang zu über 12.000 öffentlichen Toiletten u.v.m.

Mehr dazu erfährst du u.a. beim Arbeitsamt

Mach den ersten Schritt und beantrage einen Schwerbehindertenausweis (SBA)

Sprich mit deiner Ärztin oder deinem Arzt, ob ein SBA in Frage kommt

Danach heißt es: Dokumente sammeln wie z. B. Befunde/Gutachten der behandelnden Praxis, Dokumente über Krankenhaus-/Rehaaufenthalte, amtliche Gutachten (von der Kranken-/Pflege-/Rentenkasse, Agentur für Arbeit), Infos über bereits gestellte Anträge für soziale Leistungen

Füll den Antrag aus – den gibt es übrigens zum Downloaden

Leg ein Foto bei und schick den Antrag an dein zuständiges Amt für Soziales. Ab jetzt heißt es, Geduld zu haben. Die Bearbeitungszeiten betragen bis zu einem halben Jahr.

Unterstützung bei Erwerbsminderung

Wer aufgrund einer Erkrankung nicht mehr in Vollzeit oder gar nicht mehr erwerbstätig sein kann, hat im Regelfall Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente oder andere finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten und Zuschüsse wie z. B.

  • Altersrente für schwerbehinderte Menschen
  • Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
  • Hilfe zum Lebensunterhalt

 

Und was ist mit der finanziellen Vorsorge?

Hier kommt es ganz auf deine Eigeninitiative an. Vielleicht hast du schon einen Auszug von der Rentenkasse bekommen und weißt, ob es für dich eine Rentenlücke gibt oder nicht. Das bedeutet, um wie viel dein monatliches Netto-Einkommen vor Renteneintritt die gesetzliche Rente übersteigen wird. Je größer die Differenz, desto sinnvoller kann dann eine zusätzliche Altersvorsorge sein.

Lass dich beraten, welche Vorsorge (betrieblich, privat) für dich am besten passt, zum Beispiel bei der Deutschen Rentenversicherung oder bei deiner Bank, der Verbraucherzentrale oder bei einer oder einem unabhängigen Finanzberater:in. Wichtig ist: Fang so früh wie möglich an.

Wer noch mehr wissen möchte

bei der Deutschen Gesellschaft für Multiple Sklerose (DGMS) gibt es zahlreiche Merkblätter oder Broschüren zum Thema Selbsthilfe im Alltag