Wie sag ich’s …
meinen Liebsten?

MS, Freundeskreis und Familie. So sagst du’s deinen Herzensmenschen.

Die Diagnose Multiple Sklerose stürzt nicht nur Menschen mit MS selbst ins Chaos der Gefühle. Was soll ich denn jetzt sagen? Wem will ich es überhaupt sagen? Und wann ist der richtige Zeitpunkt dafür?

Fürs Erste reicht es, wenn du deine eigenen Gefühle sortierst. Wie lange das dauert, ist bei jedem Menschen ganz verschieden. Hör in dich hinein und vertrau auf deinen Bauch. Dann weißt du auch, wann du bereit bist, dich deinen Liebsten anzuvertrauen.

Eines ist sicher: Es muss irgendwann raus. Es wird sich gut anfühlen, es jemandem zu erzählen. Du wirst merken, dass du deinen Weg nicht allein gehen musst, weil dir deine Liebsten zur Seite stehen werden. Denn wer nichts sagt, bekommt auch keine Unterstützung.

Frau küsst Mann auf den Rücken
Stock-Foto. Mit Model gestellt.

Wie sag ich’s in der Beziehung?

Dein:e Partner:in wird vermutlich die erste Person sein, die von der Diagnose MS erfährt. Sicher habt ihr zu Hause schon über deine Symptome, Untersuchungen und Ängste gesprochen. Es ist nur fair, dass er oder sie es vor allen anderen erfährt. Vielleicht ist schon daheim aufgefallen, dass dich etwas bedrückt. Wirst du darauf angesprochen, dann erzähl es am besten einfach frei von der Leber weg. Nenn die Dinge beim Namen, wenn dir danach ist. Beschönige nichts. Wiederhole, was die Ärztin oder der Arzt gesagt hat. Erzähl aber auch, was deine Gedanken und Gefühle dazu sind. Ausgesprochen wirken Sorgen oft kleiner, als wenn du sie immer wieder im eigenen Gedankenkarussell kreisen lässt. Also: Sprich darüber!

Aktion und Reaktion

Niemand kann vorhersagen, wie dein:e Partner:in reagieren wird, wenn er:sie mit der Diagnose MS konfrontiert wird. Erwartungshaltungen führen hier nur zu Enttäuschung. Selbst wenn dein:e Partner:in schweigt (um sich zu sammeln), dich nur stumm drückt (weil gerade die Worte fehlen, er:sie dir aber Halt vermitteln möchte) oder vielleicht sogar weint (obwohl er:sie doch selber gesund ist): Jede Reaktion ist okay. Sie fällt sehr wahrscheinlich anders aus, als du dir das vorgestellt hast. Es gibt an dieser Stelle kein Richtig oder Falsch. Das Wichtigste ist, dass dein:e Partner:in jetzt für dich da ist. Ob still oder laut, ist eigentlich egal, oder? Ihr könnt später vereinbaren, wie viel Sprechen und Schweigen jede:r von euch gerade benötigt. Manchmal hilft auch ein „Lass uns später darüber reden“, wenn man sich überfordert fühlt.

Wie sag ich’s meiner Familie?

Eltern sind eine harte Nuss. Sie gehen ganz natürlich davon aus, immer alles früher zu erleben als du: Dazu gehört auch, ernsthafte Erkrankungen zu bekommen. Deshalb wirst du wahrscheinlich das Gefühl haben, in dem Gespräch Stärke zeigen zu müssen, damit sie sich nicht allzu sehr sorgen. Das musst du nicht. Trau ihnen ruhig was zu! Wie hätten sie dich sonst großbekommen?

Vielleicht fühlst du dich aber auch schuldig, weil du ihnen Kummer bereitest. Wenn dem so ist, dann sende am besten Ich-Botschaften wie „Ich habe Angst, euch zur Last zu fallen“.

Ansonsten hilft nur „Augen zu und durch“: Mit deinen Eltern – aber auch mit deinen Geschwistern – zu sprechen ist nämlich genauso wichtig wie das Gespräch mit dem:der Partner:in. Verschweigen ist keine Option. Deine Eltern und Geschwister kennen dich unter Umständen besser als du dich selbst und merken sofort, wenn dich etwas bedrückt. Wenn du nicht sprichst, löst das vermutlich noch viel bedrohlichere Ängste aus als die, die du eigentlich vermeiden wolltest.

Wähle einen Ort, an dem du dich wohlfühlst. Wenn du das Gefühl hast, du willst ihnen nicht in die Augen schauen, dann greif zum Telefon. Einen Brief zu schreiben ist auch in Ordnung. Hauptsache, sie erfahren es direkt von dir!

Dabei musst du auch nicht sofort ins Detail gehen. Vielleicht ist es ratsam, sie erst einmal zu informieren und beiden Parteien die Zeit zu geben, die Diagnose sacken zu lassen. Zum Beispiel: „Ich wollte es euch erst einmal nur sagen. Lasst uns später dazu sprechen.“

Wie sag ich’s im Freundeskreis?

Auch hier hör einfach auf deinen Bauch. Wem möchtest du von deiner MS erzählen und wem lieber nicht? Möchtest du es überhaupt erzählen? Wenn du Kinder hast, dann ist es wohl besser, deinen Freundeskreis einzuweihen. Dann kann sich niemand „verplappern“, und die Kinder fühlen sich durch dein „Geheimnis“ nicht unnötig unter Druck gesetzt.

Sei ehrlich und offen – auch für vermeintlich merkwürdige Erstkommentare. Mehr dazu erfährst du unter MS-Mythen. Du hast dich schon mehr mit MS beschäftigt als deine Freund:innen. Sie wissen es zu diesem Zeitpunkt einfach nicht besser.

Wichtig ist, nach Unterstützung zu fragen und diese auch anzunehmen, wenn du welche brauchst. Genauso essenziell ist es aber, Nein zu ungebetenen und vielleicht sogar übergriffigen Hilfsangeboten zu sagen. Sprich mit deinen Freund:innen, was du von ihnen erwartest. Vermutlich sind sie einfach nur unsicher, wie sie dir helfen können, und dankbar für einen konkreten Tipp.

Paat umarmt sich
Stock-Foto. Mit Model gestellt.