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Grafik von einem Menschen mit Herz im Bauch
Forschung

Probiotika in der MS-Therapie – und was die Darmgesundheit mit der Gehirngesundheit zu tun hat

Probiotika kennen viele von uns in erster Linie aus dem Joghurtregal im Supermarkt. Aber wusstest du, dass Probiotika auch in der Therapie von Krankheiten eingesetzt werden, zum Beispiel bei einigen Darmbeschwerden? Wissenschaftler:innen untersuchen nun, ob Probiotika auch Menschen mit Multipler Sklerose (MS) helfen können.

Probiotika sind lebende Mikroorganismen, zu denen beispielsweise verschiedene Bakterien- und Hefearten gehören.

Auch in unserem Darm sind Mikroorganismen zu finden, und zwar in einer schier unglaublichen Zahl: 60 Billionen, ausgeschrieben 60.000.000.000.000.000. Das sind doppelt so viele Bakterien, wie unser gesamter Körper Zellen hat. Die unterschiedlichen Bakterien im Darm bilden gemeinsam die Darmflora (Darmmikrobiom). Ohne sie könnten wir nicht überleben. Wir benötigen sie nicht nur, um Lebensmittel zu verdauen und zu verstoffwechseln. Sie können auch unsere körpereigene Abwehr – das Immunsystem – beeinflussen und stärken, und sie helfen unserem Körper dabei, auf Entzündungsprozesse zu reagieren. Für unsere Gesundheit ist es wichtig, dass die Darmflora im Gleichgewicht ist. Dieses Gleichgewicht kann jedoch gestört werden: durch eine ungesunde Ernährung, durch Medikamente, durch Krankheiten und viele weitere Faktoren. Man spricht dann von einer Dysbiose der Darmflora.

In der Medizin werden Probiotika schon längere Zeit als therapeutisches Mittel eingesetzt. So haben sie sich bei Menschen mit Darmerkrankungen bereits bewährt.

Und was haben Probiotika mit Multipler Sklerose zu tun? Gibt es hier einen Zusammenhang? Können Probiotika bei MS helfen?

Wissenschaftler:innen befassen sich seit einiger Zeit mit der Frage, welchen Einfluss die Darmbakterien auf die Entstehung und den Verlauf von Multipler Sklerose haben können. Dabei gehen sie von der Annahme aus, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen Darmgesundheit und Gehirngesundheit und somit auch der Multiplen Sklerose gibt. Die Darmbakterien scheiden verschiedene Stoffwechselprodukte aus, die als Botenstoffe zwischen Darmflora und Gehirn dienen. Diese Botenstoffe, die vermutlich über den Blutkreislauf ins Gehirn gelangen, steuern die Ausbildung und Reifung sogenannter Mikrogliazellen. Mikrogliazellen sind die Immunzellen des Gehirns und wichtig für die Bildung des Abwehrsystems im zentralen Nervensystem, sprich im Gehirn und Rückenmark. Es wird vermutet, dass eine Störung der Darmflora zu Störungen im Immunsystem führen kann.

Den Zusammenhang zwischen Darmgesundheit und Immunsystem wollen sich Wissenschaftler:innen nun für die Entwicklung neuer Strategien zur Behandlung der Multiplen Sklerose zunutze machen.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Probiotika und dem MS-Verlauf?

Ein iranisches Forscher:innenteam veröffentlichte kürzlich im Journal of Neuroinflammation einen Artikel, der sich mit dem möglichen Nutzen von Probiotika in der MS-Therapie befasst.

Die Wissenschaftler:innen legten ihren Untersuchungen folgende Hypothese zugrunde:
Die Einnahme von Probiotika kann einen positiven Einfluss auf das Immunsystem von MS-Patient:innen sowie auf die für MS typischen Entzündungsprozesse haben. Dafür werteten sie die Daten von sieben unterschiedlichen Studien aus. Dabei handelte es sich sowohl um Studien mit Menschen als auch mit Tieren. Im Rahmen der Studien wurden unterschiedliche Probiotika verabreicht. Die menschlichen Proband:innen waren MS-Patient:innen im Alter zwischen 18 und 60 Jahren, etwa 75 bis 83 Prozent davon waren weiblich. Die Anzahl der jeweiligen Studienteilnehmer:innen lag bei durchschnittlich 48 bis 60 Personen. Die Probiotika wurden in Form von Kapseln über einen Zeitraum von mindestens 22 bis maximal 50 Tagen verabreicht.

Studienergebnisse zu Probiotika und MS

Die Studienergebnisse zeigten sowohl bei menschlichen als auch tierischen Probanden eine zum Teil signifikante Verbesserung verschiedener Immun- und Entzündungsparameter im Blut. Auch in puncto Körperbalance ließen sich positive Veränderungen feststellen.

Die Forschenden ziehen daraus folgenden Schluss:

  • Durch die Gabe von Probiotika lässt sich die Darmflora modifizieren, was wiederum einen günstigen Einfluss auf den Krankheitsverlauf der Multiplen Sklerose haben kann.
  • Die Darmflora könnte ein Ausgangspunkt für die Behandlung der Multiplen Sklerose sein.

Welche Probiotika bei MS helfen könnten, muss noch konkreter erforscht werden

Um genau erklären zu können, wie Probiotika das Immunsystem modulieren und Entzündungsprozesse reduzieren können, sind weitere Studien erforderlich. Zumal Faktoren wie Ernährungsgewohnheiten, Body-Mass-Index (BMI), Medikamente, Lebensumstände und natürlich der individuelle Gesundheitszustand einen zusätzlichen Einfluss auf die Darmflora haben können. Es muss also noch weiter geforscht werden, bis sich aus den Studienbeobachtungen konkrete therapeutische Empfehlungen ableiten lassen.

Fazit

Welche Bedeutung hat das Thema Probiotika für dich?

Noch ist es zu früh, um wissenschaftlich fundierte Aussagen darüber zu treffen, ob und wie Probiotika den MS-Verlauf beeinflussen können. Fakt ist jedoch: Mit einer gesunden und ausgewogenen Ernährung kannst du viel für deine Darmgesundheit sowie für dein körperliches und seelisches Wohlbefinden tun.

Hier kannst du mehr über dieses Thema erfahren.