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Body & Mind

Resilienz bei Multipler Sklerose (MS): Die „innere Stärke“ stärken

Hast du schon einmal etwas von Resilienz gehört? Resilienz ist die individuelle Fähigkeit, mit schwierigen oder krisenhaften Lebenssituationen umzugehen. Zum Beispiel mit einer Erkrankung wie der Multiplen Sklerose (MS). Im Prinzip steht der Begriff für nichts anderes als Widerstandskraft oder Widerstandsfähigkeit. Das Gute ist: Resilienz kann man lernen. Ein US-amerikanisches Forschungsteam hat nun die Ergebnisse einer Pilotstudie zum Thema „Resilienzstärkung bei MS per Telemedizin“ vorgestellt.

Resilienz spielt im Leben aller Menschen eine wichtige Rolle. Resilienz bedeutet, dass wir auf Veränderungen im Leben oder neue Herausforderungen reagieren, indem wir unser Verhalten entsprechend anpassen. Wie und in welchem Maße wir das tun, ist abhängig von unseren individuellen Ressourcen und Fähigkeiten. Resilienz kann uns dabei helfen, in schwierigen Lebenssituationen unser körperliches und psychisches Wohlbefinden aufrechtzuerhalten beziehungsweise zu stärken.

In einer US-amerikanischen Pilotstudie mit 31 Paaren wurde der Nutzen konkreter Maßnahmen zur Resilienzstärkung für MS-Patient:innen und deren Partner:innen untersucht. Die Besonderheit: Für die Wissensvermittlung und die Kommunikation zwischen Studienteilnehmer:innen und -betreuer:innen wurde ausschließlich eine dafür entwickelte Internetplattform genutzt. Warum? MS kann mit Einschränkungen der Beweglichkeit, körperlichen Leistungsfähigkeit und Mobilität einhergehen. Ein Programm, das man bequem von zu Hause absolvieren kann, soll hier Erleichterung bieten.

Die Studie verfolgte zwei Ziele:

  1. Es sollte untersucht werden, ob ein derartiges Programm überhaupt durchführbar ist und wie zufrieden die Teilnehmer:innen damit sind.
  2. Die Forscher:innen wollten herausfinden, welchen konkreten Nutzen das Programm für MS-Patient:innen und deren Partner:innen hat.

Das Programm beinhaltete sowohl theoretische Wissensvermittlung als auch praktische Übungen. Zu den behandelten Themenkomplexen gehörten zum Beispiel: MS-Symptome, Resilienz, Kommunikation, Umgang mit der Erkrankung, Selbstfürsorge der Partner:innen und die Bedeutung persönlicher Netzwerke. Vermittelt wurde das Wissen in sechs Online-Sessions (verteilt über sechs Wochen) von jeweils 45 Minuten Länge. Für die Auswertung wurden alle Studienteilnehmer:innen insgesamt dreimal befragt – zum Start des Programms, direkt nach Programmende und noch einmal drei Monate später. Das Forschungsteam gelangte dabei zu folgenden Erkenntnissen:

  1. Zur Durchführbarkeit telemedizinischer Maßnahmen:
    26 von 31 Paaren führten das Programm bis zum Ende durch. Dies sind 83,3 % der Teilnehmer:innen. Die Forscher:innen leiten aus diesem Wert ab, dass eine solche Maßnahme per Telemedizin durchführbar ist.
  2. Zur Zufriedenheit mit dem Programm:
    92 % der Teilnehmer:innen gaben an, dass das Programm ihren Bedürfnissen gerecht wurde. 96 % würden es sogar anderen Betroffenen empfehlen. Allerdings waren die Partner:innen insgesamt zufriedener damit als die MS-Patient:innen.
  3. Zum Nutzen des Programms:
    Hier zeigten sich unterschiedliche Ergebnisse bei den Teilnehmer:innen:
  • MS-Patient:innen …

… erfuhren mehr soziale und emotionale Unterstützung

… litten weniger unter Stress und Ängsten

… waren zufriedener mit ihrem Leben

… hatten mehr positive und seltener negative Emotionen

… spürten eine gesteigerte Resilienz

… fühlten sich durch die Teilnahme ihrer Partner:innen am Programm durch diese mehr unterstützt

  • Partner:innen …

… litten weniger unter Stress und Ängsten

… waren zufriedener in der Partnerschaft

… hatten das Gefühl, mit der MS-Erkrankung der erkrankten Partnerin oder des erkrankten Partners besser umgehen zu können

… betrieben mehr Selbstfürsorge

  • Beide Gruppen …

… erlebten ein besseres Miteinander und mehr Verständnis füreinander innerhalb der Partnerschaft

Jedoch wurde auch deutlich, dass die Partner:innen von MS-Patient:innen mehr von dem Programm zu profitieren schienen als die Patient:innen selbst. Auf einer Fünf-Punkte-Skala bewerteten die MS-Patient:innen ihre Gesamtzufriedenheit mit dem Programm mit durchschnittlich 3,65 Punkten und die Partner:innen mit 4,76 Punkten. Dies ist damit zu erklären, dass sich mehr Online-Sessions auf die Partner:innen fokussierten. Das Forschungsteam geht davon aus, dass gestärkte Partner:innen selbst einen positiven Einfluss auf die MS-Patient:innen ausüben.

Es gilt nun, auf Basis dieser erfolgreichen Pilotstudie weitere Untersuchungen zum Thema „Resilienzstärkung bei MS per Telemedizin“ durchzuführen: mit mehr Teilnehmer:innen sowie mit einem Angebot, das sich inhaltlich und technisch noch besser an den unterschiedlichen Bedürfnissen von Betroffenen und ihren Angehörigen orientiert.

 

Fazit

Wie sind die Studie und deren Ergebnisse einzuordnen?

Es handelt sich hier um eine Pilot- beziehungsweise Machbarkeitsstudie, an der lediglich 31 Paare (62 Proband:innen) teilnahmen. Die Ergebnisse sind damit zwar nicht repräsentativ beziehungsweise verallgemeinerbar, doch darum ging es zunächst auch gar nicht. Die Forscher:innen wollten erst einmal herausfinden, ob ein internetbasiertes Schulungsprogramm zur Resilienzstärkung bei MS überhaupt funktioniert. Aufbauend auf den vorliegenden Studienergebnissen können nun weitere Untersuchungen durchgeführt werden.

Gibt es bereits andere Studien zu diesem Thema?

In den letzten Jahren wurden verschiedene kleinere Studien zum Thema „Resilienz und MS“ mit ganz unterschiedlichen Fragestellungen durchgeführt. Diese zeigen Hinweise, dass Resilienz bei MS durch Interventionen gesteigert und damit der Krankheitsverlauf positiv beeinflusst werden kann. Inwiefern die Ergebnisse verallgemeinerbar sind, müssen größer angelegte, repräsentative Studien zeigen.

Welche Bedeutung hat das Thema Resilienz für dich?

Innere Stärke und Widerstandskraft können dir dabei helfen, besser mit deiner MS zu leben. Es gibt ganz unterschiedliche Möglichkeiten, wie du deine Resilienz stärken kannst. Dazu gehört zum Beispiel:

  • die krankheitsbedingten Veränderungen in deinem Leben und die damit einhergehenden Gefühle zu akzeptieren
  • aktiv nach Lösungs- und Unterstützungsmöglichkeiten zu suchen
  • eine offene Kommunikation mit deiner Partnerin oder deinem Partner oder auch mit deiner Familie und Freund:innen zu pflegen
  • soziale Unterstützung auch außerhalb deiner Familie in Anspruch zu nehmen
  • dir etwas zuzutrauen und eigene Entscheidungen zu treffen
  • dir bei Bedarf professionelle psychologische Unterstützung zu holen

Vielleicht hilft es dir ja auch, ein Positivtagebuch zu führen. Darin kannst du die positiven Seiten deines Lebens festhalten. Neugierig? Hier erfährst du mehr.